KOCEK UND DER LOBAUSCHAMANE
Wien live edition
320 Seiten / brosch.
ISBN: 978-3-902672-11-7
© 2009, echomedia verlag ges.m.b.h.
€ 9,90
Zum Anhören: Lesung im Literaturbuffet Lhotzky
Lesung Kriminacht 2010
KOCEK UND SIE SEERÄUBERJENNY
Broschiert: 272 Seiten
Verlag: echomedia; Auflage: 1., Aufl. (September 2012)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3902672986
ISBN-13: 978-3902672988
Leseprobe Lobauschamane: (Leseprobe Seeräuberjenny weiter unten im Text)
Montag Morgen. Kocek betrat sein Büro. Auf seinem Schreibtisch lag die Abendausgabe einer kleinformatigen Tageszeitung. `Eifersuchtsdrama in Neuwaldegg!´ Irgendein Kollege musste ihm die Zeitung auf den Tisch gelegt haben. Kocek war Leser einer apricotfarbenen Tageszeitung und das ausschließlich in den Räumlichkeiten des Café Gloria. Kocek schob das Blatt an den äußersten Rand seines Schreibtisches. Das Telefon läutete.
„Herr Kocek bitte gleich zum Chef!“
Die Vorzimmerdame des Gudnigg war im Besitz einer typischen RTL-Stimme. Alle jungen Frauen unter dreißig schienen seit einigen Jahren an extremen Schwellungen der Polypen zu leiden. Vielleicht lag es am Ozonloch, ähnlich wie unter den nach neunzehnhundertsechzig in unseren Breiten geborenen Menschen extrem viele groß Gewachsene zu finden waren. Wahrscheinlich ein Kollateralschaden der damals exzessiv durchgeführten Atombombenversuche und des darauf erfolgten Fallout den die Großwetterlage allmählich über die ganze Welt verteilte.
„Haben Sie die Zeitung gelesen?“, fragte Gudnigg ohne aufzublicken, als Kocek eintrat.
„Wenn Sie die auf meinem Schreibtisch meinen, die ist nicht meine Marke!“
„Sollten Sie aber lesen. Das Opfer des Eifersuchtsmordes war am Freitag bei Ihnen und hat ihren späteren Mörder angezeigt.“
Kocek spürte ein Kribbeln in der Magengrube.
„Warum wurde kein umgehendes Waffenverbot gegen den Verdächtigen ausgesprochen?“
„Weil die zuständige Stelle bereits im Wochenende war und außerdem der Verdächtige flüchtig, beziehungsweise unbekannten Aufenthaltes.“
Jetzt erst blickte Gudnigg hoch.
„Ich erwarte Ihren schriftlichen Bericht in dieser Angelegenheit! Danke, Herr Kocek!“
Kocek verzichtete auf die Lektüre des Revolverblattes und rief direkt einen ihm bekannten Kollegen der ermittelnden Gruppe an. Folgendes war geschehen. Die Wendtheim war gleich am Freitagabend zu ihrer Mutter gefahren und hatte dort Unterschlupf gefunden. Samstag Früh läutete Raas an der Tür. Die Mutter öffnete, Raas stürmte in die Wohnung, erschoss die Wendtheim und anschließend sich selbst. Das war es. Hätte die Mutter die Türe nicht geöffnet, hätten die beiden Frauen, wie von Kocek eindringlich gefordert, umgehend hundertdreiunddreißig alarmiert, so wären alle noch am Leben, und Raas in sicherem Gewahrsam. So aber gab es ein sinnloses Opfer, einen toten Täter, eine Horrorschlagzeile für den Boulevard und die Kacke war ganz gewaltig am Dampfen. Die Einforderung eines schriftlichen Berichtes aus dem Munde eines Gudniggs verhieß nichts Gutes. Zudem stand inzwischen fest, dass Raas wiederholt in psychiatrischer Behandlung gestanden hatte, weshalb auch das ursprüngliche Waffenverbot verhängt wurde und die Aufhebung desselben einen äußerst bedenklichen und hinterfragungswürdigen Umstand darstellte.
Kocek hatte seinen Bericht über die Vernehmung der Wendtheim eben fertig getippt, als ein uniformierter Kollege den Raum betrat.
„Herr Kocek?“
Kocek nickte.
„Wir haben da eine Verhaftung ausgesprochen und der Verdächtige besteht darauf von Ihnen einvernommen zu werden. Dürfen wir ihn vorführen?“
„Immer nur herein, heute ist eh schon alles egal! Worum geht es?“
„Ein Unterstandsloser. Wir haben ihn in der Nähe vom Roten Hiasl aufgegriffen und einige verdächtige Gegenstände bei ihm sichergestellt.“
Der Uniformierte streckte Kocek eine Plastiktüte entgegen, in der sich eine kleinere Plastiktüte mit einem weißlichen Pulver befand.
„Aha, Roter Hiasl, da war was, bringen Sie ihn herein!“
Eine uniformierte Kollegin führte den Verhafteten ins Zimmer. Die beiden Streifenbeamten schickten sich an, sich neben der Tür zu postieren.
„Ist schon gut, warten Sie draußen, es passiert schon nichts!“
Der Sandler ließ sich mit einem Stöhnen auf dem Sessel neben Koceks Schreibtisch nieder.
„Endlich bin i do!“
„Wo sind Sie endlich?“
„Na, bei Ihna!“
„Und wo ham´S das da her?“
Kocek fächelte mit dem Plastikbeutel.
„Schaun´S, des wor so! I hob des g´funden. Und kloa waaß i wos des is, i bin jo kaTrottl! Und dann hob i mi auf den Weg g´mocht“!
„Wohin wollten´S denn?“
„Sog i do, zu Ihna! Glauben´S i koed mir des Zeig, i bin do ned wahnsinnig. Und wia i so geh und beim Roten Hiasl um die Eckn biag, bleibt de Funkstraaf steh. Hob i wenigstens glei a Taxi g´hobt!“
„Hom´S an Ausweis!“
„Hom de Füchs und die Dachs an Ausweis? Oba sie kennan mi eh!“
„Und woher sollten wir uns kennen?“
„I waaß scho, i hob mi a bissl verändert. I bin da Kucera!”
“Kucera?”
“Sie wor´n a junga Spund domoes, wenn ich das sagen derf. Vor fünfundzwanzig Jahren, Herr Kocek!“
Kocek versuchte Zeit und Namen in Einklang zu bringen. Außerdem erschien ihm der Mann nur unwesentlich älter als er selbst, auch wenn das Leben als Unterstandsloser die Menschen rapide altern ließ. Kocek blickte in die Augen des Mannes und plötzlich fiel der Groschen. Alois Kucera. Kocek hatte ihn vor tatsächlich funfundzwanzig Jahren verhaftet. Alois Kucera hatte einige Einbrüche begangen beziehungsweise versucht, diese zu begehen. Er war so zu sagen ein früher Kriminaltourist, gewissermaßen ein Pionier seiner damaligen Zunft. Er war eines Tages aus der Provinz nach Wien angereist, am Wiener Westbahnhof dem Zug entstiegen und hatte sich auf der äußeren Mariahilfer Straße in einem noch heute bestehenden Hartwarengeschäft das von ihm benötigte Werkzeug gekauft. Frohgemut machte er sich ans Werk, doch fand sein Beutezug bereits einige Stunden später in einem Mietshaus in Margareten sein jähes Ende. Eine beherzte alte Dame, an die achtzig Jahre alt alarmierte die Kollegen von der Funkstreife, da sie durch einen Spalt des Vorhanges ihres gangseitig gelegenen Küchenfensters ihrer Substandardwohnung den gegenüberliegend stattfindenden Einbruchsversuch wahrnahm.
„Und jetzt sind Sie unterstandslos?“, fragte Kocek in leicht nostalgisch betroffenem Tonfall.
Kucera reagierte beinahe empört.
„I soll unterstandslos sein? Wer sogt des? I hob an Unterstand, so an tät sich manch Einer wünschen“!
„Aber Meldezettel haben´S keinen.“
„Brauchen die Fasauna an Mödezettl? Oda de Hos´n, oda de Rob´n?
Kocek schmunzelte ob des neuerlichen, beinahe biblischen Selbstvergleiches Kuceras mit den Tieren des Waldes und Feldes.
„San Sie vielleicht ein Rabe geworden?“
„Na, oba umagflogn bin i auf an! Vom Friedhof da Namenlosen!“
„Und das Pulver?“
„I hobs gfundn“, wiederholte Kucera beinahe mitleidig, als ob er Koceks Begriffsstutzigkeit in dieser Richtung durch besondere Milde auszugleichen hatte. „i find vü Soch´n. I kennt a Fundbüro aufmoch´n! Wos glauben´s wos die Leut alles valiarn, oda weghau´n. I hob no mehr g´funden, durt wo i des g´funden hob. Ihna gib i´s. Nua Ihna persönlich, weu sie san a guata Kiebara, und sie kennans brauch´n! Murg´n umma drei bei da Dechantlack´n!“
Mit diesen kryptischen Worten ließ sich Kucera im Sessel zurückfallen und atmete tief aus.
„Nehmen Sie seine Personalien auf. Die, die er angibt. Er ist amtsbekannt und bringen Sie ihn dorthin zurück, wo sie ihn aufgegriffen haben!“, wies Kocek die beiden Uniformierten an.
Kocek versorgte das ihm von Kucera übergebene Päckchen nach Vorschrift, schnappte seinen Bericht über die Wendtheimvernehmung und machte sich auf den Weg zum Chefbüro.
Draußen am Gang sprach ihn ein Kollege an:
„Was hat denn der Zauberer von Dir gewollt?“
„Welcher Zauberer?“
„Der Sandler, der bei Dir war, den nennen sie den „Zauberer“. Er treibt sich in der Gegend von der Dechantlacke herum. Handlesen und Kartenlegen bei den Freikörperern. So verdient er sich ein bissl was, ein harmloser Narr!“
Aus Kucera, dem verhinderten Kriminaltouristen wurde in zweiter Karriere also der „Zauberer von der Dechantlacke“. Wenn man es sich verbessern kann!
KOCEK UND SIE SEERÄUBERJENNY
Koceks erster Fall als selbstständiger Privatdetektiv führt ihn auf die Spur dunkler Familiengeheimnisse, die ihrerseits in den politisch turbulenten Zeiten des kalten Krieges und dem ehemals geteilten Europa wurzeln:
Ein verwirrter Immoblienmakler läuft bewaffnet durch die Stadt und ist drauf und dran zum Opfer polizeilicher Intervention zu werden. Oder ist er am Ende doch jener Attentäter, der es auf einen hohen Kommunalpolitiker abgesehen hatte? Wobei natürlich auch noch zu klären wäre, wer einem smarten Vertreter des New Public Management zu seinem letzten Badeerlebnis verholfen hat! Jedenfalls muss Kocek schneller sein – aber ob das die Polizei erlaubt?
Gleichzeitig wird der Archivar, Dichter und Thekenphilosph Dr. Jakob Lebeauf im Zuge eines Wellnessaufenthaltes seinerseits in eine mysteriöse Mordserie verstrickt, in deren Verlauf wir endlich die ganze überraschende Wahrheit über das Original des Café Gloria erfahren.
Herr Reinhold, mittlerweile zum selbstständigen Kaffeesieder aufgestiegener langjähriger Kellner des Café Gloria wiederum löst ein altes Versprechen ein, und präsentiert endlich seinen lang angekündigten, selbstverfassten Krimi „Die Bestie von Matzleinsdorf!“
„Kocek und die Seeräuberjenny“ ist eine Odyssee durch die Camouflagen der handelnden Personen, denn viele sind nicht jene die sie zu sein scheinen. Und oft genug wissen sie es selbst nicht.
Und wer vor allem ist die Seeräuber-Jenny? Und wo steckt sie? Vielleicht in mehr Personen als dies selbst wahrhaben wollen!
hier eine Leseprobe (unlektorierter Roughmix):
Kocek stieß sich von der Theke ab und verließ das Lokal. Aus den Augenwinkeln konnte er beobachten wie sich Jenny Reinhardt an den Tisch setzte, an dem ihr Sohn saß. Kocek trat in die laue Herbstnacht.
Dabei kamen ihm die Worte in den Sinn, die Herr Reinhold vor ein paar Tagen nach einem ihrer gewöhnlich ausufernden Thekengespräche, kurz bevor er das Lokal hinter ihm und Dr. Jakob LeBeauf abschloss, gesprochen hatte;
„Es gibt gar viel Schlechtigkeit auf dera Wöd! Und waun ma, über d Joa kaum ane auslassen hod – die widerfahrenen wie die begangenen- dann kommt ma dahinta, dass sich am End alles wieda ausgleicht! Das Schicksal ist eine gar gerechte Sach´, und die Sitzkassierin in der Kaffeesiederei der Vorsehung hat ein gar elefantöses Gedächtnis!
Am nächsten Tag befand sich Kocek hinter dem Lenkrad seines Wagens der gehobenen Mittelklasse, ließ die spätherbstliche Kargheit der Landschaft, durch welche die ausgebaute Bundesstraße führte, an sich vorbei gleiten und lauschte den Klängen Borodins, die aus dem CD-Player seines Autoradios drang. Die Landschaft rund um ihn trug der Musik entsprechend immer wieder durchaus russisch-tundrenhafte Züge. Das Gesamtbild passte. Auf Solches legte Kocek seit jeher Wert. Er achtete in seinem persönlichen Einflussbereich sehr darauf, dass die Gesamtheit der auf ihn einströmenden Reize aus Bild und Ton, wozu für ihn auch die menschliche Stimme zählte, und auch alles was Geruch und Geschmack betrifft, ein für ein für ihn stimmiges Gesamtbild ergaben.
Die Landschaft durch die er fuhr erstreckte sich nördlich der Bundeshauptstadt und hatte über die Jahrhunderte einiges gesehen und erfahren. Sie war ein Zentrum der Gegenreformation gewesen. Jenes in unseren Breiten alles überschwemmenden Propagandafeldzuges der römisch katholischen Kirche zur Wiedererlangung ihrer Machtpositionen. Nicht unverwandt jener Epoche deren unmittelbare Zeitzeugen zu sein wir das mitunter zweifelhafte Vergnügen haben. Die Gegenreformation des 21. Jahrhunderts wird gegenwärtig Neoliberalismus genannt.
Auf steinerne Zeugen jener vergangenen Epoche stößt man hier an jeder Weggabelung. Bildstöcke, Pestsäulen und Pietas wohin man blickt. Jedes mittlere Kuhdorf hat eine prunkvoll ausgestattete Barockkirche vorzuweisen von der einem übergewichtige Babyengel ihren Allerwertesten entgegenrecken.
Barock, das war die Gegenreformation. Getragen durch Bildstöcke, Barockkirchen, Jesuitentheater, Marienverehrung und die Scheiterhaufen der Inquisition.
Durch diese Landschaft zogen die Wallensteinschen Heere und knappe zweihundert Jahre später die napoleonischen Truppen. Nicht fröhliche Marschlieder trällernd und die flache, von Hügelketten durchsäumte Gegend durchwandernd, sondern sich im Land versorgend, marodierend und plündernd sowie das eine oder andere Scharmützel schlagend, welches heute zur Schlacht ernannt so manchem Flecken historische Identität verleiht.
Ja, es war eine, während der letzten sechzig Jahre sehr unterschätzte Landschaft, an zwei Seiten vom eisernen Vorhang eingezäunt und bis 1955 unter sowjetischer Besatzung. Ein Landstrich aus dem in den Fünfziger- und Sechzigerjahren ein Migrationsstrom in die Bundeshauptstadt floss. Viele der Eltern von Koceks Schulkameraden aus Volksschulzeiten kamen von hier. Sie wohnten in Zimmer-Küche Wohnungen, verdingten sich als Maurer, Bauarbeiter, wenn es hoch kam als Polier. Die Mütter waren Hausbesorgerinnen, Küchenhilfen oder putzten. Diese Sozialisation hatte sich natürlich tiefgreifend verändert. Mittlerweile sind deren Positionen von Migranten besetzt, die von ganz wo anders her kommen und auch ihre Kultur mitbringen, eben so wie jene damals die Ihre mitbrachten, mit dem Unterschied, dass sie etwas sprachen, das nach der offiziellen Landessprache klang.
In dieser Landschaft trieben sich natürlich so wie überall in diesem Land auch die Kelten herum. Stellten Hinkelsteine in die Gegend, vergruben kupferne Anstecknadeln und irdene Abbilder beleibter Frauen.
Und wenn man noch weiter zurückblickte, so gab es hier auch einmal Nilpferde und Krokodile, deren fossile Überreste man in musealen Einrichtungen der Gegend betrachten kann.
Kocek fuhr immer weiter gegen Norden. Bald hatte er die letzten Ansiedlungen hinter sich gelassen und die Straße führte in einem stetigen Bergauf- und Bergabrhythmus durch Wälder, durch das ehemalige Niemandsland.
Hier war vierzig Jahre lang das Nichts gewesen. Nicht der Anfang vom Nichts, nicht die Mitte des Nichts, sondern das Ende des Nichts. Minen, Sprengfallen, Stacheldraht. Derartige Hindernisse waren zwar weggeräumt worden - sicherlich war trotzdem noch genug kalter Kriegsmüll im Erdreich verborgen - auch die Zivilisationen an den jeweiligen Ausläufern des Nichts hatten sich in den letzten zwei Jahrzehnten nur zögerlich angenähert.
Kocek fuhr an dem inzwischen dem Verfall überlassenen Grenzwärterhäuschen vorbei in das andere Land. Böhmische Dörfer. Keine hundert Kilometer von Wien und du verstehst kein Wort mehr. Das ist in Italien oder in Ex-Yugoslawien schon immer genauso gewesen, aber hier fällt es auf. Vielleicht weil es hier genauso aussieht und sich anfühlt wie daheim, weil es näher ist im Gefühl.
Kocek fuhr weiter. Vorbei an einigen Wechselstuben, die Meisten mit vernagelten Fenstern. Halbverfallene Bordelle, Puffs in dunkelrot oder rosa getüncht säumten die Straße und kündeten davon, dass die Goldgräberzeit auch schon einige Jahre zurücklag.
An der rechten Straßenseite hatten sich Händler ausgebreitet. Töpfe, Teppiche, lebensgroße Kuh- und Pferdeatrappen waren hier zu erstehen. Obwohl Kocek niemals dort war stellte er sich die Grenze zwischen den USA und Mexiko genauso vor. Tijuana, halt nur kälter um diese Jahreszeit. Böhmische Dörfer. Die Verlängerung des Wald- und Weinviertels. Böhmische Dörfer mit restaurierten Barockkirchen. Böhmische Dörfer und am Horizont die Mailer eines Atomkraftwerkes die dichte, weiße Wolken in die Luft zeitlupten. Kocek fühlte sich bei diesem Anblick unbehaglich. Die stehen überall herum und nicht nur hier. Alleine Österreich befand sich und der Käseglocke der Atomkraftwerksfreiheit die letztendlich im Fall der Fälle der sich mittlerweile bereits vierteljahrhunderte, auch nichts nutzte.
Aber die menschliche Wahrnehmung lässt sich leicht manipulieren und so verscheuchte die Wahrnehmung des Wegweisers, der Koceks Ziel annoncierte die Wahrnehmung der radioaktiven Wasserdampfwolken aus seinem Gedächtnis.
Vor Kocek beschrieb die Landschaft eine weite Senke die an ihrem gegenüberliegendem Rand auf eine bewaldete Hügelkette hin anstieg. Die Straße führte Kocek durch die Suburbs der Kleinstadt. Eine Plattenbausiedlung war am absteigenden Hang der Senke in die Landschaft geklotzt worden. Kocek fuhr weiter durch die Unterstadt. Ein paar verlassene Häuser rechts und links der Straße. Dazwischen ein paar geschlossene Lokale. Disco-Cobra, Night-Club, Guiness Pub.
Die Straße wurde enger und da war sie, die kleine Stadt. Kocek fuhr über eine steinerne Brücke. Links von der Brücke lag ein kleiner Weiher auf dem sich diverse Wasservögel tummelten und auf den eine Burganlage etwas herrisch herabblinzelte. Rechts von der Brücke erstreckte sich ein weitläufiger See, auf dem Kocek sogar ein paar Segelboote zu erkennen meinte.
Kocek bog von der Hauptstraße ab und hielt zwei Straßen weiter auf einem barocken Platz. Pestsäule, Rat- und Bürgerhaus, gelbe, blaue und lindgrüne Fassaden blickten ihn an.
„Retz schaut auch nicht anders aus.“, murmelte Kocek, als er seinen Wagen auf einen Schrägparkplatz des katzenkopfgepflasterten Zentrums rollen ließ.